Jan Sztwiertnia

Lehrer und Komponist



Jan Sztwiertnia ist am 1.06.1911 in Hermanice (heutiger Stadtteil von Ustron) geboren. Seine Mutter hat in Trzyniec gearbeitet. Auf Grund der schweren finanziellen Situation hat sie ihren Sohn im November 1921 zum evangelischen Haus der Waisenkinder in Ustron abgegeben, wo er bis zum Jahr 1925 geblieben ist. Jan Sztwiertnia hat die Volksschule Nr. 2 mit einem perfekten Ergebnis absolviert. Danach hat er sich in dem männlichen Lehrerseminar in Cieszyn-Bobrek weitergebildet. Während des Studiums lernte er Geige, Klavier und Orgel. Er hat auch an den theoretischen Maßnahmen teilgenommen. In einem Brief an Jan Pieczka hat er geschrieben: (…) den größten Teil meiner Ferien habe ich der Komposition gewidmet. Ich habe acht Lieder für einen gemischten Chor geschrieben (…), ein paar Sonetts und Klavier Variationen (…) und weiß ich nicht, ob ich es bis zum Ende der Ferien zu vollenden schaffe. Im Jahr 1930, nach dem Abitur, hat er angefangen in der Volksschule in Wisla-Rowne zu arbeiten. Dort hat er Ewa Wantoluk kennengelernt. Am 15.08.1933 haben sie geheiratet. Zu diesem Zeitpunkt ist er ins Zentrum von Wisla, wo er eine Wohnung bekommen hatte, umgezogen. Anfangs hat er in der Volksschule Nr. 4, und später in der Schule Nr. 1 gearbeitet. Er war auch als Orgelspieler in der Evangelischen Kirche in Wisla tätig. In den folgenden Jahren kamen seine Söhne Jan und Bolesław zur Welt.

Er setzte seine musikalische Ausbildung fort. Im Jahr 1935 ist er als Schüler in die Musikschule in Cieszyn gegangen, um nach nur einem halben Jahr von dort aus im schlesischen Musik-Konservatorium in Katowice studieren zu können. In den dreißiger Jahren sind seine wichtigsten Werke endstanden: die Oper über das Leben der Beskid Goralen: Sałasznicy, symphonisches Gedicht Śpiący rycerze w Czantorii, Suita beskidzka, eine Kantate für das Männerchor Rycerze, sowie mehrere kleine gesangliche und instrumentale Kompositionen. Desöfteren ist es so gewesen, dass er im Morgengrauen gerade geschriebene Partituren zur Seite gelegt hat, um diese schon in der nächsten Nacht weiter zu schreiben. Fürs Erholen gab es nicht viel Zeit, denn die Kinder haben auf ihren Lehrer gewartet, Gemeinnützige Arbeit in den Chören, normale andere Beschäftigungen sowie zwei wunderbare Söhne, Janek und Bolek, die ebenso auf Papas – Märchen über wilde Tiere gewartet haben – erinnerte sich sein Freund Jerzy Drozd. Im Mai 1939 hat ein Konzert mit den Werken von Jan Sztwiertnia in der Aula des Konservatoriums in Katowice stattgefunden. Es war ein großer Erfolg für den Komponisten. In Folge dessen hat er ein Stipendium für Weiterbildung in Paris bekommen. Er sollte sein Können als Komponist bei Nadia Boulanger weiterentwickeln. Bei Nadia Boulanger haben sich solche Berühmtheiten wie: Aaron Copland, Philip Glass, Wojciech Kilar und Astor Piazzolla, weitergebildet. Vater lernte fleißig die französische Sprache. Er bemühte sich um bestmöglich auf sein Stipendium vorbereitet zu sein. Seine Abreise sollte in Herbst 1939 erfolgen – erinnert sich der Sohn des Künstlers.

Nach dem Kriegsausbruch ist Jan Sztwiertnia zusammen mit Jerzy Drozd in Angst vor den Deutschen in die Nähe von Krakow gefahren. Noch im September hat er beschlossen zurück nach Wisla zu kehren, um sich um seine Frau und seine beiden Söhne kümmern zu können. Die finanzielle Situation war schwierig. Nach dem Verlust der Stelle als Lehrer hat die Familie von den Ersparnissen und dank der Hilfe seitens der Schwiegereltern gelebt. Am 20. April war schönes Wetter. Der Frühling hatte schon begonnen. Zusammen mit meinem Bruder haben wir draußen gespielt. Da kam unsere Mutter, die uns gerufen hat. Wir sollen schnell nach Hause. Dort waren schon zwei uniformierte deutsche Polizisten. Wir haben uns schnell von unserem Vater verabschiedet. Er wurde von den Deutschen zum Auto gebracht. Niemandem von uns war es damals bewusst, womit es enden würde. Nach der Festnahme ist Jan Sztwiertnia höchstwahrscheinlich zum Übergangslager in Cieszyn gebracht worden. Von dort ist er ins KZ Dachau gefahren worden. Im Lager sind wir segregiert worden. Fachpersonal: Elektriker, Maurer, Schreiner sind in Dachau geblieben. Alle weiteren, da drunter Humanisten, sind nach Gusen geschickt worden (…). Die Arbeit im Steinbruch dauerte von 6 Uhr morgens bis 7 Uhr abends. Auf Grund solcher Arbeit, waren die Menschen schon nach zwei Wochen nur noch ein Schatten ihrer Selbst. Das Schlimmste, was vorgekommen ist, waren Durchfallerkrankungen. Die Krankheit, die die Menschen dezimierte. Es ist von ihm [es geht um den Jan Sztwiertnia – bemerk. Autor] nur noch sein Skelett zu sehen gewesen. Er hat sich niemals beklagt, er lebte die Musik weiter. Er hat weiterhin die Noten seiner Kompositionen auf kleine Stücke von Papier geschrieben – erinnerte sich Mithäftling Adam Zyler.

Nach der Inhaftierung des Jan Sztwiertnia ist seine Frau zusammen mit den Kindern zur ihren Eltern umgezogen. Sie besaßen ein Hof in Wisla-Rowne. Da hat sie aus einem Brief von ihrem Mann erfahren, dass er sich in dem Konzentrationslager Mauthausen-Gusen aufhielt. Kurze Zeit später erreichte sie die Nachricht über den Tod von Jan Sztwiertnia. Er starb am 29.08.1940 im Konzentrationslager. Einige Zeit später hat die Post eine Urne mit seinen Überresten geliefert. Die Urne wurde auf dem evangelischen Friedhof „Na Groniczku” in Wisla beigesetzt. Ein tragisches Schicksal hat auch seinen jüngeren Bruder Schtwiertnia, welcher sich in der Zeit des II. Weltkrieg als Partisan engagiert hatte, getroffen. Er wurde im Jahr 1944 von den Deutschen am Galgen gehängt. Trotz ausgeübtem Druck hatte die Familie stets abgelehnt die Volksliste zu unterschreiben. Im April 1944 sind die Deutschen zu uns ins Haus gekommen und haben alle Männer, d.h. den Vater meiner Mutter und ihren Bruder mitgenommen. Sie sollten nach Ausschwitz gebracht werden. Sie sind jedoch niemals dort angekommen, denn sie wurden schon in Myslowice umgebracht. Ich errinere mich, etwas später, am 1.06.1943, kamen die Deutschen noch einmal. Sie haben meine Mutter und ihre zwei Schwestern mitgenommen. Sie sind nach Ausschwitz gebracht worden und später von dort aus nach Ravensbrück. Um mich und meinen Bruder Boleslaw haben sich die Nachbarn meiner Großeltern gekümmert, so haben wir es bis ans Ende des Krieges ausgehalten. Im Jahr 1945 hat uns unsere Mama, die das Lager in Ravensbrück zusammen mit ihrer Schwester überlebt hat, wiedergefunden. Ihre zweite Schwester hat den Krieg nicht überlebt – sie ist im Lager umgekommen.